Unterbrechung bei Aufhebungsvertrag
Zeitspanne der Arbeitslosengeld-Sperre durch Aufhebungsvertrag?
Das Bundessozialgericht (BSG) hat eine wegweisende Entscheidung gefällt, die klärt, ob ein Aufhebungsvertrag stets wie eine vom Arbeitnehmer initiierte Beendigung zu werten ist und folglich eine Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld nach sich zieht, oder ob es hierfür auch Ausnahmen geben kann.
Die Sperrzeit - Gleichstellung von Kündigung und Aufhebungsvertrag
Arbeitnehmer, die ihr Anstellungsverhältnis beenden, ohne dass ein triftiger Grund hierfür vorliegt, sehen sich mit einer Sperrzeit konfrontiert. Dies bedeutet, dass sie für einen Zeitraum von bis zu zwölf Wochen nach dem Ende ihrer Beschäftigung keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben (Sperrzeit wegen Aufgabe der Erwerbstätigkeit). In der Regel wird die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes aufgrund der Eigenkündigung zudem um ein Viertel gekürzt.
Grundsätzlich findet diese Regelung auch auf Aufhebungsverträge Anwendung. Bei einem Aufhebungsvertrag einigen sich Angestellter und Dienstherr auf die einvernehmliche Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses. Üblicherweise erhält der Arbeitnehmer im Rahmen des Aufhebungsvertrags eine Abfindung. Kommt ein solcher Vertrag zustande, ohne dass der Angestellte dafür einen zwingenden Grund hat, wird ihm eine Sperrzeit auferlegt. Ferner droht die Anrechnung der Abfindung auf das Arbeitslosengeld. Diese Konsequenzen treten unabhängig davon ein, wer die Initiative zur Vertragsgestaltung ergriffen hat.
Ein stichhaltiger Grund für den Abschluss eines Aufhebungsvertrages kann gegeben sein, wenn dem Angestellten ohnehin eine rechtmäßige und fristgerechte, betriebsbedingte Entlassung durch den Dienstherrn gedroht hätte. Dem steht auch die Zahlung einer Abfindung nicht entgegen - es ist vielmehr sein legitimes Anliegen, sich eine solche zu sichern, wenn er sich mit der unabwendbaren Arbeitslosigkeit konfrontiert sieht.
Im vorliegenden, vom BSG zu beurteilenden Sachverhalt, befindet sich eine Arbeitnehmerin im Rechtsstreit mit der Bundesagentur für Arbeit (BfA). Die Klägerin war seit dem Jahr 1966 als Sachbearbeiterin bei ihrem Arbeitgeber tätig. Im Mai des Jahres 2004 wurde ein Aufhebungsvertrag geschlossen, der die Beendigung des Anstellungsverhältnisses zum 30.11.2005 vorsah. Die Ursache für diese Vereinbarung waren betriebliche Erfordernisse: Infolge umfassender Umstrukturierungsmaßnahmen des Arbeitgebers war der Arbeitsplatz der Angestellten weggefallen und eine anderweitige Beschäftigung im Unternehmen des Dienstherrn war ebenfalls nicht mehr möglich. Man einigte sich auf eine Abfindung in Höhe von 47.000 Euro. Der Arbeitgeber teilte der Arbeitnehmerin zudem mit, dass ihr eine ordentliche, betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen würde, sofern sie den Aufhebungsvertrag nicht unterzeichne.
Als die Klägerin sich bei der BfA arbeitsuchend meldete und Arbeitslosengeld beantragte, teilte ihr die zuständige Behörde mit, dass ihr aufgrund des Aufhebungsvertrages zunächst eine Sperrzeit auferlegt würde und ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld anschließend um 240 Tage gekürzt werde. Die Begründung der BfA lautete: Die Arbeitnehmerin hätte voraussichtlich mit der Arbeitslosigkeit infolge des Aufhebungsvertrages rechnen müssen. Darüber hinaus habe sie keinen bedeutenden Grund für die Unterzeichnung dieses Vertrages gehabt.
Die Entscheidung des Bundessozialgerichts
Das BSG vertritt die Auffassung, dass ein wesentlicher Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorliegt. Zwar hat die Arbeitnehmerin ihre Arbeitslosigkeit durch den Aufhebungsvertrag in erheblichem Maße fahrlässig verursacht, da keine konkrete Aussicht auf eine neue Anstellung bestand. Andererseits besaß sie für ihr Handeln einen gewichtigen Grund, da ihr andernfalls eine rechtmäßige, betriebsbedingte Kündigung durch den Arbeitgeber gedroht hätte.
Das Gericht prüfte nicht, ob die Kündigung durch den Arbeitgeber ebenfalls rechtmäßig gewesen wäre, sprich, ob betriebliche Gründe vorlagen und ob der Arbeitgeber eine korrekte Sozialauswahl durchgeführt hatte. Das BSG stellte fest, dass die Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Kündigung nur dann erforderlich ist, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Kündigung rechtswidrig sein könnte.
Anhaltspunkte für eine mögliche Rechtswidrigkeit können beispielsweise eine Abfindung sein, die deutlich über dem gesetzlich festgelegten Rahmen liegt (gemäß § 1 Abs. 2 KSchG), oder die Existenz einer Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung, oder die Nichteinhaltung der geltenden Kündigungsfrist.
Im vorliegenden Fall der Arbeitnehmerin traf keiner der genannten Anhaltspunkte zu. Aus diesem Grund unterliegt sie keiner Sperrzeit und erhält Arbeitslosengeld in vollem Umfang.
Die Agentur für Arbeit hat daraufhin ihre Weisungen zur Verlängerung einer Sperrzeit entsprechend angepasst.
Fazit
Um beim Abschluss eines Aufhebungsvertrags nicht dem Risiko einer Sperrzeit ausgesetzt zu sein, sollten folgende Punkte unbedingt beachtet werden:
- Es muss bereits eine Androhung einer betriebsbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber erfolgt sein.
- Das Arbeitsverhältnis darf durch den Aufhebungsvertrag nicht zu einem früheren Zeitpunkt enden, als die Kündigung durch den Arbeitgeber wirksam geworden wäre - die Kündigungsfrist muss also unbedingt eingehalten werden.
- Die Höhe der Abfindung sollte sich an den gesetzlichen Vorgaben orientieren (das bedeutet, sie sollte nicht wesentlich über 0,5 Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr liegen, aber auch nicht weniger als 0,25 Monatsgehälter betragen).
- Es darf kein besonderer Kündigungsschutz vorliegen (z.B. aufgrund einer Schwerbehinderung oder einer Elternzeit).
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Christina Gehrig ist als Spezialistin für Arbeitsrecht in der Anwaltskanzlei Hasselbach tätig, welche über Niederlassungen in Köln, Bonn und Frankfurt am Main verfügt. Ihre Beratungsleistungen richten sich primär an Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Führungskräfte und Betriebsräte, insbesondere in Angelegenheiten des Kündigungsschutzes sowie bei Fragen bezüglich Abfindungen und Aufhebungsverträgen.