bushaglet.pages.dev

Verweigerung unbezahlter Zusatzstunden

Die Ablehnung von Mehrarbeit - welche Rechte und Pflichten Arbeitnehmer besitzen und welche Konsequenzen sie erwarten könnten

Während anderswo Klagen über zu wenig Beschäftigung zu hören sind, ist die Situation in Deutschland diesbezüglich weit entfernt. Wenn man den Statistiken Glauben schenken darf, leisten sechzig Prozent aller Angestellten mehr Arbeit, als in ihrem Arbeitsvertrag festgelegt wurde. Was für den einen ein Nachteil ist, kann für den anderen ein Vorteil sein. Zahlreiche Beschäftigte sind damit durchaus im Reinen. Mehr Arbeit bedeutet potenziell mehr freie Zeit oder ein höheres Einkommen. Andere hingegen sind mit dieser Entwicklung nicht glücklich. Sie verzichten gerne auf zusätzliche Arbeitszeit und Überstunden. Ist es ihnen gestattet, die Anordnung des Chefs einfach abzulehnen? Ist damit ein arbeitsrechtliches Nachspiel verbunden? Gibt es Möglichkeiten, Überstunden von vornherein auszuschließen? Hier erhalten Sie Antworten auf Ihre Fragestellungen.

Die Verweigerung angeordneter Überstunden - eine rechtliche Betrachtung

Im Arbeitsrecht existieren zwei unterschiedliche Szenarien:

  • Die mögliche Überschreitung der regulären Arbeitszeit ist vertraglich, tariflich oder durch Betriebsvereinbarungen geregelt: In diesem Fall muss der Anordnung Folge geleistet werden.
  • Es liegt keine derartige Vereinbarung vor: In dieser Situation besteht keine Verpflichtung zur Leistung von Überstunden oder Mehrarbeit.

Der Dienstherr kann kraft seines Direktions- und Weisungsrechts (§ 106 GewO) weitgehend über den Zeitpunkt und den Umfang der Arbeitszeit bestimmen.

Sofern eine vertragliche Vereinbarung besteht, ist der Arbeitgeber berechtigt, Überstunden oder Mehrarbeit anzuordnen, muss jedoch bestimmte Rahmenbedingungen berücksichtigen:

  • Das Arbeitszeitgesetz (§ 3 ArbZG) legt fest, dass die tägliche Arbeitsdauer an Werktagen auf acht Stunden limitiert ist. Eine Ausdehnung auf bis zu zehn Stunden täglich ist möglich, sofern ein Ausgleich innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten erfolgt. Die durchschnittliche Stundenzahl von acht Stunden pro Werktag innerhalb des sechsmonatigen Beobachtungszeitraums darf nicht signifikant überschritten werden.
  • Bei der Anordnung von Überstunden muss der Dienstherr die im Arbeitszeitgesetz vorgesehenen Ruhepausen und Ruhezeiten beachten (§§ 4, 5 ArbZG).
  • Die erwartete Leistung von Überstunden muss (vier Tage im Voraus) angekündigt werden, es sei denn, es handelt sich um betriebliche Notfälle.
  • Der Betriebsrat muss der Anordnung von Überstunden zustimmen.

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, bei der Anordnung von Überstunden die Interessen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Gibt es persönliche Gründe, die gegen die Leistung von Überstunden sprechen, kann der Arbeitnehmer diese ablehnen. Letztlich handelt es sich um eine Abwägung der widerstreitenden Interessen. Sind die Überstunden notwendig, um Schaden vom Unternehmen abzuwenden, dann ist das Interesse des Arbeitgebers möglicherweise vorrangig.

Bei betrieblichen Notfällen wie Unfällen, Elementarereignissen oder Produktionsausfällen kann für Arbeitnehmer, im Rahmen ihrer Treue- und Solidaritätspflicht gegenüber dem Arbeitgeber, die Pflicht zur Mehrleistung bestehen.

Ist die Ablehnung unbezahlter Überstunden möglich?


Überstunden ablehnen (© fizkes / fotolia.com)Wie in den meisten Fällen ist die Antwort vom Inhalt des Arbeitsvertrages abhängig. Falls der Vertrag keine Regelung für Überstunden oder Mehrarbeit enthält, besteht auch keine Verpflichtung zur Leistung. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, jede erbrachte Leistung zu vergüten. Unbezahlte Überstunden wären einem Abzug vom vereinbarten Entgelt gleichzusetzen und sind daher nicht statthaft.

Der betroffene Angestellte ist berechtigt, die Leistung zu verweigern. Seitens des Arbeitgebers greift das sogenannte „Maßregelungsverbot'. Es ist niemandem gestattet, Sanktionen zu ergreifen, der von seinen rechtlichen Ansprüchen Gebrauch macht (§ 612a BGB).

Wurde die erwartete Leistung im Arbeitsvertrag nicht eindeutig formuliert, so ist dieser Passus ungültig und rechtlich unwirksam. Eine Formulierung wie „Mit dem Gehalt sind sämtliche Überstunden abgedeckt…' ist beispielsweise nicht zulässig.

Die Vereinbarung „Das Gehalt deckt vier Überstunden pro Woche ab. Darüber hinausgehende Überstunden oder Mehrarbeit werden in Form von Zeitausgleich kompensiert' ist hingegen klar und unmissverständlich.

Überstunden aus gesundheitlichen Gründen ablehnen

Falls notwendig, kann bereits im Arbeitsvertrag die Leistung von Überstunden oder Mehrarbeit aus gesundheitlichen Gründen ausgeschlossen werden.

Wenn ein Arbeitnehmer bei rechtzeitiger Ankündigung (vier Tage im Voraus) die Leistung von Überstunden aus gesundheitlichen Gründen ablehnt, obliegt es dem Ermessen des Arbeitgebers, diese Begründung anzuerkennen.

Sollte die Ablehnung aus gesundheitlichen Gründen erfolgen, ist es ratsam, diese Einschränkungen durch ein ärztliches Attest zu belegen.

Es gab bereits Fälle, in denen Arbeitgeber ihre angeblich kranken Angestellten in den sozialen Medien bei Freizeitaktivitäten beobachten konnten, die das Vorliegen einer Erkrankung keinesfalls bestätigten. Solche Vorkommnisse wirken sich negativ auf das gegenseitige Vertrauensverhältnis aus. Ferner liegt eine böswillige Täuschung vor, die arbeits- und dienstrechtliche Konsequenzen nach sich zieht.

Wenn man in Teilzeit oder Minijob keine Überstunden leisten möchte

Grundsätzlich stehen Überstunden oder Mehrarbeit und eine Teilzeitbeschäftigung im Widerspruch. Aus diesem Grund besteht keine Leistungspflicht für Überstunden. Ausgenommen davon sind erneut Notfallsituationen (Naturkatastrophen, Brände usw.). In diesen Fällen kann der Arbeitgeber einseitig Überstunden anordnen.

Sofern ein Teilzeitbeschäftigter regelmäßig Überstunden leisten muss, kann dies zu einer Änderung des Anstellungsverhältnisses führen. Aus einer Teilzeitstelle wird eine Vollzeitstelle. Selbst ohne schriftliche Vereinbarung gilt dies als „stillschweigende' Übereinkunft und kann vom Arbeitgeber nicht einseitig revidiert werden.

Wenn der Angestellte seine Zustimmung zur Reduzierung der Stundenzahl verweigert, kann nur eine Änderungskündigung das Teilzeitverhältnis wiederherstellen.

Überstunden während der Ausbildung verweigern

Jugendliche Auszubildende unter 18 Jahren sind durch das Jugendarbeitsschutzgesetz geschützt. Während der Ausbildung sind keine Überstunden vorgesehen; das tägliche Limit liegt bei acht Stunden. In Ausnahmefällen, wenn der entsprechende Ausgleich innerhalb derselben Woche erfolgt, kann das Limit auf 8,5 Stunden erhöht werden. Es dürfen lediglich solche Tätigkeiten ausgeübt werden, die im Zusammenhang mit der Ausbildung stehen.

Wenn in einem Unternehmen vorübergehend unaufschiebbare Aufgaben aufgrund von Notfällen anfallen und kein erwachsener Beschäftigter verfügbar ist, können Jugendliche außerhalb der regulären Arbeitszeit eingesetzt werden (§ 21 Abs. 1 JArbSchG).

Diese Mehrarbeit muss durch eine Verkürzung der Arbeitszeit innerhalb der folgenden drei Wochen kompensiert werden (§ 21 Abs. 2 JArbSchG).

Kann der Betriebsrat Überstunden ablehnen?


Ablehnung durch Betriebsrat (© makibestphoto / fotolia.com)Der Betriebsrat besitzt gemäß § 87 Abs. 3 BetrVG ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht, wenn die Arbeitszeit über das betriebsübliche Maß hinaus verlängert werden soll.

Die Aufgabe des Betriebsrats besteht darin, die Interessen der vertretenen Arbeitnehmer zu wahren und mit dem Arbeitgeber die Bedingungen zu verhandeln, bis beide Parteien damit einverstanden sind.

Der Betriebsrat kann Überstunden nicht grundsätzlich ablehnen, da er kein Recht hat, in die Geschäftsführung einzugreifen. Er kann lediglich die Bedingungen beeinflussen. Ein denkbarer Grund, die Anordnung von Überstunden abzulehnen, könnte darin liegen, dass der Betriebsrat Neueinstellungen erzwingen möchte, da andernfalls eine unzumutbare Belastung und die Gefährdung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes mögliche Folgen wären.

Sofern keine Einigung erzielt wird, kann von beiden Seiten die Einrichtung einer Einigungsstelle gefordert werden.

Ohne die Zustimmung des Betriebsrats können Arbeitnehmer die Genehmigung von Überstunden verweigern, da es sich um eine einseitige Anordnung handelt. Sie ist unwirksam, weil das Mitbestimmungsrecht missachtet wurde. Zu beachten ist jedoch, dass es sich hierbei um ein kollektivrechtliches Privileg handelt, das somit nur für mehrere Arbeitnehmer Anwendung findet. Individuelle vertragliche Regelungen fallen nur dann darunter, wenn eine gewisse präjudizielle Wirkung nicht ausgeschlossen werden kann.

Konsequenzen: Kann die Verweigerung zur Kündigung führen?

Wenn die Leistung von Überstunden verweigert wird, obwohl einzel- oder kollektivvertragliche Zustimmungen vorliegen und kein anderer triftiger Grund zur Ablehnung existiert, handelt es sich um Arbeitsverweigerung.

Die Konsequenzen aus dem Arbeits- und Dienstrecht umfassen eine Abmahnung und eine Kündigung. In gravierenden Fällen (z. B. bei Täuschungsabsicht) ist auch eine fristlose Entlassung möglich.

Fachanwalt.de-Tipp: Wenn die Beschäftigten eines Unternehmens nicht dem Kündigungsschutz unterliegen (z. B. in Kleinbetrieben), dann kann der Arbeitgeber ohne Angabe von Gründen kündigen.

Er ist nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer mitzuteilen, dass die Kündigung auf die Verweigerung der Überstunden zurückzuführen ist. Es ist ratsam, Überstunden vorerst nicht abzulehnen, sondern sie unter Vorbehalt zu erbringen
Erst im Nachhinein kann die Existenz einer Verpflichtung arbeitsrechtlich überprüft werden.
Im Zweifelsfall kann ein Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Betroffenheit beratend konsultiert werden.

Häufig gestellte Fragen zu Überstundenverweigerung

Was sind Überstunden?

Überstunden sind Arbeitsstunden, die über die reguläre Arbeitszeit hinausgehen. Die genaue Definition kann je nach Land und Sektor variieren. In Deutschland gilt üblicherweise eine Arbeitszeit von acht Stunden pro Tag und vierzig Stunden pro Woche als regulär. Alles, was darüber hinausgeht, wird als Überstunde betrachtet.

Sind Überstunden zulässig?

Ja, Überstunden sind grundsätzlich gestattet, wenn sie im Arbeitsvertrag oder in Tarifverträgen vereinbart wurden. Auch eine einvernehmliche Regelung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist möglich. Dennoch müssen die gesetzlichen Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) und die Vorgaben der EU-Arbeitszeitrichtlinie (AZG) eingehalten werden. Demnach darf die Höchstarbeitszeit von 48 Stunden pro Woche im Durchschnitt nicht überschritten werden.

Muss ich Überstunden leisten?

Das hängt von den Umständen ab. Wenn Überstunden im Arbeitsvertrag oder in Tarifverträgen vereinbart wurden, kann der Arbeitgeber diese einfordern. Ohne eine entsprechende Vereinbarung ist der Arbeitnehmer jedoch nicht dazu verpflichtet, Überstunden zu leisten.

Kann ich Überstunden verweigern?

Ja, der Arbeitnehmer hat das Recht, Überstunden abzulehnen, wenn diese nicht im Arbeitsvertrag oder in Tarifverträgen festgehalten wurden oder wenn die gesetzlichen Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) sowie der EU-Arbeitszeitrichtlinie (AZG) überschritten werden.

Welche Konsequenzen hat die Ablehnung von Überstunden?

Die ungerechtfertigte Verweigerung von Überstunden kann Folgen nach sich ziehen, wie beispielsweise eine Abmahnung oder sogar eine Kündigung.

Werde ich für geleistete Überstunden vergütet?

Ja, in der Regel werden Überstunden bezahlt. Die genaue Vergütung ist im Arbeitsvertrag oder in den Tarifverträgen geregelt. In einigen Fällen kann auch ein Freizeitausgleich gewährt werden.

Was kann ich unternehmen, wenn mein Arbeitgeber mich zur Ableistung von Überstunden zwingt?

Wenn der Arbeitgeber einen Angestellten zur Ableistung von Überstunden zwingt, die nicht im Arbeitsvertrag oder in Tarifverträgen vereinbart sind oder die gesetzlichen Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) und der EU-Arbeitszeitrichtlinie (AZG) überschreiten, kann der Arbeitnehmer dies ablehnen und schriftlich beim Arbeitgeber beanstanden. Besteht der Arbeitgeber dennoch darauf, können rechtliche Schritte eingeleitet werden. Hierbei ist es ratsam, einen Anwalt (Fachanwalt für Arbeitsrecht) hinzuzuziehen.

Kann ich Überstunden ablehnen, wenn ich eine Familie habe?

Nein, die familiäre Situation stellt keinen Grund dar, Überstunden abzulehnen. Allerdings muss der Arbeitgeber bei der Anordnung von Überstunden die individuelle Lebenssituation des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigen. So kann beispielsweise die Pflege von Kindern oder Angehörigen einen Grund darstellen, Überstunden abzulehnen.

Fachanwalt.de-Tipp: Überstunden können eine Belastung für Arbeitnehmer darstellen und sollten daher nur in einem angemessenen Umfang und unter Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften angeordnet werden. Arbeitnehmer haben das Recht, Überstunden abzulehnen, wenn diese nicht im Arbeitsvertrag oder in Tarifverträgen vereinbart wurden oder wenn die gesetzlichen Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) und der EU-Arbeitszeitrichtlinie (AZG) überschritten werden. In jedem Fall ist es empfehlenswert, sich vor der Verweigerung von Überstunden rechtlich beraten zu lassen.