Bandwurm gegen Übergewicht
Wie ein Wurm bei Übergewicht behilflich sein könnte
Wissenschaftler der Monash University und der Universität Kopenhagen haben ein bestimmtes Gen in Würmern ausfindig gemacht, das potenziell helfen könnte, den Kreislauf aus übermäßigem Essen und mangelnder körperlicher Aktivität zu unterbrechen - ein Verhalten, das oft bei Menschen zu Übergewicht führt. Dieses Gen, das in ähnlicher Ausprägung auch im menschlichen Organismus existiert, ist dazu imstande, sowohl ein Gefühl der Sattheit als auch Erschöpfung unmittelbar nach der Nahrungsaufnahme auszulösen.
Dies eröffnet die Möglichkeit, ein Präparat zu entwickeln, um den Appetit zu reduzieren und gleichzeitig das Verlangen nach Bewegung zu erhöhen. Die Studie, unter der Leitung von Roger Pocock vom Biomedizinischen Institut der Monash University und Forschern der Universität Kopenhagen, wurde kürzlich im Proceedings of the National Academy of Sciences Journal publiziert.
Pocock erläutert, dass das identifizierte Gen einen Transkriptionsfaktor namens ETS-5 kodiert, welcher die Signale zwischen dem Gehirn und dem Verdauungstrakt steuert. Sobald eine ausreichende Menge an Fett im Darm vorhanden ist, empfängt das Gehirn ein entsprechendes Signal, woraufhin der Wurm inaktiv wird. Im Allgemeinen ist dies ein typisches Verhalten von Lebewesen, so Pocock. "Bei Mangelernährung suchen sie in ihrer Umgebung nach Nahrung, bei einem zufriedenstellenden Ernährungszustand verspüren sie jedoch keine Notwendigkeit des Suchens, und bei vollständiger Sättigung verfallen sie in einen schlafähnlichen Zustand."
Wurm ähnelt Mensch
Im Rahmen der Untersuchung wurde der Fadenwurm (Caenorhabditis elegans) eingehender betrachtet, da dieser bis zu 80 Prozent seiner Gene mit dem Menschen gemein hat sowie etwa die Hälfte der Gene, die an menschlichen Erkrankungen beteiligt sind. Gleichzeitig ist das Nervensystem des Fadenwurms jedoch vergleichsweise einfach strukturiert mit lediglich 302 Neuronen und rund 8000 Synapsen - im Gegensatz zu dem des Menschen mit Abermilliarden von Nervenzellen, 160.000 Kilometern an biologischen Leitungen und 100 Trillionen Synapsen. Daher eignen sich Fadenwürmer als ein geeignetes Modellsystem, um verschiedene Prozesse wie den Metabolismus sowie Erkrankungen genauer zu erforschen und besser zu verstehen.
Die Wissenschaftler erkannten die Funktion des Transkriptionsfaktors ETS-5 bei der Analyse einzelner Nervenzellen im Gehirn des Wurms und der Verfolgung seiner Reaktion auf die Nahrungsaufnahme. Sie stellten fest, dass - analog zum Menschen - eine Ernährung, die auf Wachstum ausgerichtet ist, eine differente Reaktion beim Wurm hervorruft als Nahrungsmittel von minderer Qualität. Bei Säugetieren führt der Verzehr von Nahrungsmitteln mit einem hohen Anteil an Fett und Zucker oft zu Adipositas. Wenn die Würmer in der Studie mit eben diesen Nahrungsmitteln versorgt wurden, begaben sie sich auf die Suche nach hochwertigerer Nahrung.
Laut Pocock ist dies das erste Mal, dass mit ETS-5 ein genregulierendes Molekül dieser Art mit dem vom Gehirn-Darm gesteuerten Ablauf von Nahrungsaufnahme und Bewegung in Verbindung gebracht wird. Die ETS Gengruppe wurde zwar bereits in früheren Forschungsarbeiten mit der Gewichtsregulation assoziiert, allerdings wurde erst durch diese Entdeckung erkannt, dass die Nahrungsaufnahme direkt mit Hilfe eines Rückkopplungssystems des Gehirns beeinflusst werden kann. Demzufolge könnte auf der Grundlage dieses Gens in der Zukunft ein effektives Medikament zur Regulation und Behandlung von Übergewicht entwickelt werden. (red, idw, 17.2.2017)