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Osteogenesis Ektopisch an der Hüftprothese

Knochenbildung im Weichgewebe nach Hüftgelenkoperation

Der Einbau eines künstlichen Gelenks zählt heutzutage zu den Routineoperationen und verleiht schmerzgeplagten Patienten mit Arthrose gewöhnlich ein erhebliches Maß an Lebensqualität zurück. Doch selbst bei einem derart etablierten Eingriff können in seltenen Fällen unerwünschte Komplikationen auftreten. Wenn wenige Wochen nach dem Eingriff erneut Schmerzen und eingeschränkte Bewegungsfähigkeit spürbar werden, könnte eine sogenannte ektopische Osteogenese - also die unerwartete Bildung von Knochen innerhalb des Weichgewebes - die Ursache dafür sein.

Der menschliche Organismus verfügt über bemerkenswerte regenerative Fähigkeiten. Dazu zählt unter anderem die Knochenbildung im Zuge der Heilung von Brüchen. Nach einer Fraktur besteht die Möglichkeit, dass der betroffene Körperteil nach der Genesungsphase, gegebenenfalls mit geeigneter Unterstützung der Bruchfragmente, meist wieder vollständig funktionsfähig ist. Weniger vorteilhaft ist es jedoch, wenn sich Knochen an Stellen entwickelt, an denen er normalerweise nicht vorhanden ist, beispielsweise im Weichgewebe. Ein solcher Prozess, der medizinisch als ektopische Osteogenese bezeichnet wird, kann durch neurologische, genetische oder traumatische Auslöser hervorgerufen werden. Hierbei wandelt sich zunächst Weichgewebe in Knorpel um, bevor es schließlich zu Knochen wird. Nach abgeschlossener Entwicklung ist das neugebildete Gewebe von anderem Knochen im Skelett nicht zu unterscheiden. Die Tatsache, dass die ektopische Osteogenese neben anderen Verletzungen auch nach der Implantation eines künstlichen Hüftgelenks auftreten kann, wird auf die traumatischen Gewebeverletzungen zurückgeführt, die ein solcher chirurgischer Eingriff zwangsläufig mit sich bringt.

Studien deuten darauf hin, dass sich eine ektopische Osteogenese nach der endoprothetischen Versorgung des Hüftgelenks unter bestimmten Bedingungen häufiger manifestiert. So sind beispielsweise Männer im Vergleich zu Frauen stärker betroffen. Des Weiteren beeinflussen die gewählten chirurgischen Zugangswege und die Beschaffenheit des künstlichen Gelenks die Entstehung der unerwünschten Knochenbildungen. Wundinfektionen, Fieber nach der Operation sowie postoperative Blutergüsse scheinen ebenfalls eine Rolle zu spielen. Einige Berichte legen nahe, dass Patienten, die vor der Operation körperlich aktiver waren, eher eine ektopische Osteogenese entwickeln als weniger aktive Personen. Da der Bedarf an endoprothetischer Versorgung mit zunehmendem Alter steigt, sind entsprechend mehr Fälle bei älteren Menschen zu beobachten.

Die exakten Mechanismen und Ursachen dieser fehlgeleiteten Stoffwechselprozesse sind noch nicht gänzlich erforscht. Es wird beispielsweise vermutet, dass Stammzellen, die sich in postoperativen Hämatomen befinden, ein „fehlerhaftes Verhalten' zeigen könnten, oder dass durch die chirurgischen Eingriffe am Knochen Wachstumsfaktoren freigesetzt werden, im Gewebe verbleiben und dort die knochenbildenden Zellen (Osteoblasten) aktivieren. Insbesondere im Kontext der Hüftendoprothetik wird angenommen, dass das operative Trauma eine übermäßige Aktivität knochenbildender Zellen auslösen kann.

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Linderung von Bewegungseinschränkungen

Charakteristisch für eine ektopische Osteogenese sind sich verschlimmernde Einschränkungen der Beweglichkeit und Schmerzen des operierten Gelenks. Häufiger jedoch verläuft die Erkrankung symptomlos und wird lediglich im Rahmen routinemäßiger Kontrolluntersuchungen diagnostiziert. Die Veränderungen beginnen unmittelbar nach dem chirurgischen Eingriff. Vier bis acht Wochen nach der Operation können die Knochenbildungen, die oft in der Muskulatur auftreten, die für das Heranziehen des Beines zuständig ist, auf Röntgenaufnahmen sichtbar werden. Neben der Röntgendiagnostik spielt auch die sogenannte Skelettszintigrafie eine diagnostische Rolle. Mit diesem Verfahren lässt sich die Aktivität der ektopischen Osteogenese beurteilen. Diese ist meist nach etwa einem Jahr, in dessen Verlauf verschiedene Krankheitsstadien zur Klassifizierung identifiziert werden können, abgeschlossen und voll ausgeprägt.

Sollten hierdurch erhebliche Einschränkungen entstanden sein, sind in der Regel operative Maßnahmen zur Entfernung der Knochenneubildungen erforderlich. Konservative Therapieansätze wie die Krankengymnastik sind für die betroffenen Patienten hingegen nur selten von Nutzen. Falls es in Ausnahmefällen infolge der ektopischen Osteogenese zu einer Lockerung des künstlichen Gelenks kommt, ist ein erneuter chirurgischer Eingriff zur Korrektur notwendig. Um eine erneute Knochenbildung nach der Entfernung zu verhindern, wird empfohlen, die vollständige Ausreifung der Veränderungen abzuwarten, was mittels Knochenszintigrafie festgestellt werden kann. Dieser Zeitraum kann zwischen sechs und zwölf Monaten nach dem Einsetzen des Kunstgelenks liegen. Nach Abschluss des pathologischen Prozesses sollte jedoch nicht zu viel Zeit verstreichen, bis die störenden Anbauten entfernt werden, um einen möglichst geringen Muskelabbau aufgrund der Immobilität zu gewährleisten.

Vorbeugung: NSAR und Bestrahlung

Zur Prävention einer ektopischen Osteogenese nach der Implantation einer Hüftprothese werden üblicherweise nach dem Eingriff Medikamente aus der Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) verabreicht. Für Patienten, die diese Arzneimittel nicht vertragen, sowie für Personen mit einem zusätzlich erhöhten Risiko für Knochenbildungen stellt die Bestrahlung der Hüftregion unmittelbar vor der Operation - in manchen Fällen kann dies auch postoperativ erfolgen - eine wirksame präventive Maßnahme dar. Die ionisierenden Strahlen unterdrücken die zelluläre Aktivität, die für die Knochenbildung verantwortlich ist.

von Stefanie Zerres

aus ORTHOpress 3/16

Fragen und Antworten

Welche Symptome zeigen sich bei der ektopischen Osteogenese?

Bei der ektopischen Osteogenese treten zunehmend Bewegungseinschränkungen und Schmerzen am operierten Gelenk auf.

Wie entsteht eine ektopische Osteogenese?

Es handelt sich um fehlgesteuerte Stoffwechselprozesse, deren genaue Ursachen noch nicht vollständig geklärt sind.

Wie wird die ektopische Osteogenese behandelt?

Bei einer ausgeprägten Form werden meist chirurgische Methoden angewendet, um die Knochenneubildungen zu entfernen. Sollte es in seltenen Fällen durch die ektopische Osteogenese zu einer Lockerung des Implantats gekommen sein, ist ein Wechsel des Gelenkes erforderlich.